Beatsteaks & Gäste (Die Ärzte, ... - Waldbühne

Beatsteaks & Gäste (Die Ärzte, ... - Waldbühne

Konzertkritik | Beatsteaks in der Berliner Waldbühne"Was machen eure Sprunggelenke?"10.06.18 |
Die Beatsteaks sind eine Berliner Institution: Nette Typen, schnelle Gitarrenriffs und eine energiegeladene Liveshow. Am Samstagabend haben sie ein schweißtreibendes Konzert in der Waldbühne gegeben – mit sensationellen Überraschungsgästen. Von Hendrik Schröder

Gleich am Anfang springt Sänger Arnim Teutoburg-Weiß auf die Monitorboxen und pumpt zwei bis drei Mal mit den Händen in die Luft. Sofort, wirklich in Sekunden, steht und tobt das ganze Rund. Die Waldbühne ist ausverkauft und so voll, dass es an manchen Stellen schon fast grenzwertig ist. Die Leute drängen nach unten, jeder will direkt vor der Bühne stehen, aber die Ordner machen die Zugänge dicht. Die Folge: Es staut sich links und rechts. Aber alle benehmen sich ruhig und gesittet.

Der Sound ist vom ersten Akkord an laut, druckvoll, präzise. "Siehst Du, Guns N' Roses, so wird das gemacht" (das Guns-N'-Roses Konzert kürzlich im Olympiastadion hatte nach Aussagen vieler Besucher den miesesten Sound aller Zeiten), würden wir jetzt singen, wenn wir in einem Fußballstadion wären. Sind wir aber nicht, obwohl es sich so anfühlt, als würden wir unserem Herzensclub bei einem spektakulären Heimsieg zuschauen.

"Was machen eure Sprunggelenke?", schreit Arnim. Sofort hüpfen die Fans los, als wäre das eine Art Codewort gewesen. Es ist ein euphorisierendes Erlebnis, abertausende springende, schreiende Fans in der tief stehenden Abendsonne zu erleben, umgeben von Wald und Grün.


Hitze, Bier, Staub

Es ist irre heiß in der Waldbühne, schon vor Konzertbeginn mussten die Sanitäter einige Fans abtransportieren, denen die Kombination aus Hitze und Bier nicht so gut getan hatte. Jetzt, nach zwei, drei Songs kleben den Leuten die Shirts an den Leibern. Die Beatsteaks sind ja schon lange eine Art Konsens-Band: Jeder mag sie - selbst die, die ihre Musik langweilig finden, mögen zumindest die Typen. Und die Show. Deswegen sind heute auch alle da: übrig gebliebene Punks mit fisseligen grünen Haaren, dicke besoffene Mäner in Gruppenstärke, ältere Frauen mit Fächern, Gesichtstätowierte, Kuttenträger, Prolls, Professoren.

Vor der Bühne steigen immer wieder Staubwolken in die Luft, wenn die entfesselte Menge den Circle Pit tanzt, bei der alle sich wie die Wilden mehr oder weniger im Takt im Kreis umrennen und lachend auf die Nase fliegen.[Sänger Arnim Teutoburg-Weiß bespritzt beim Konzert seiner Band Beatsteaks am 09.06.2018 in der Berliner Waldbühne die ersten Zuschauerreihen mit einem Wasserschlauch. (Quelle: imago / Martin Müller)]
Beatsteaks-Sänger Arnim sorgt für etwas Abkühlung. | Bild: imago / Martin MüllerDie Beatsteaks hauen gleich am Anfang ein paar Hits raus, Sänger Arnim steht im roten Hawaiihemd mit Schirmmütze und Basecap ganz vorne auf dem Bühnensteg und spritzt die Leute mit einem Gartenschlauch nass. Dabei singt der quirlige, dauergrinsende Mann wie ein Löwe.


Fünf Freunde

Die Jüngsten sind die Beatsteaks ja nun auch nicht mehr. Wenn ihre Köpfe in Nahaufnahme auf den riesigen Videowänden erscheinen, dann sieht man ergrauende Haare und Geheimratsecken. Aber sie benehmen sich immer noch wie die fünf Freunde aus der Schule, die total Bock auf eine wilde Band haben. Genau dafür werden sie ja auch so geliebt.

Tiefgang ist dabei selten ihr Ding, besinnlicher wird es nur einmal, als sie "I Don't Care As Long As You Sing" dem kürzlich verstorbenen Seeed-Sänger Demba widmen, der ein enger Freund der Band war. Dazu leuchtet minutenlang ein Schwarz-Weiß-Bild von Demba auf den LED-Wänden und es gibt innigen Applaus.

Ansonsten heißt es: Abriss. Sänger Arnim lässt sich ins Publikum tragen, trinkt den Fans das Bier weg und singt ganze Songs von dort. Bassist Totze drischt in Weste und Hemd mit vollem Köpereinsatz in die Saiten, die beiden ganz in schwarz gekleideten Gitarristen Peter Baumann und Bernd Kurtzke hauen naturcool ihre Riffs raus, Drummer Thomas Götz hält mit Ruhe, Konzentration und Gefühl den ganzen Laden zusammen.


Und dann: Die Ärzte!

Dann stehen vor den Zugaben allen Ernstes Die Ärzte auf der Bühne und spielen in Anzüge gekleidet zwei Songs. Farin Urlaubs Kommentar: "Zu Hause is' es geiler als bei Rock am Ring". Die Ärzte! Als unangekündigte Special Guests! Das Publikum kennt jetzt überhaupt kein Halten mehr. Was für ein Abend! (RBB)