Casper - Lang Lebe der Tod Tournee 2017 2018

Casper - Lang Lebe der Tod Tournee 2017 2018

Bei Casper rappt das Publikum schon vorm ersten Song mit

Casper trat vor der ausverkauften Max-Schmeling-Halle in Berlin auf. Er wandelt zwischen Verschlossenheit und Energie.25.11.2017, 16:22 Uhr

Selten kommt es vor, dass das Publikum schon bei der eingespielten Musik zwischen Support und Main-Act feiert. Doch bei Casper ist das so. Von Queen-Gassenhauer „Bohemian Rhapsody“ und der Themenmusik des Kultwesterns „The Magnificent Seven“ angefeuert, rappt das Publikum Wort für Wort mit, als K.I.Z.s „Ein Affe und ein Pferd“ gespielt wird. Hände gehen hoch, der Fußboden vibriert unter den trampelnden Füßen.

Fast erscheint es wie eine Auflehnung der Generation Y, die hier in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle mehrheitlich vertreten ist, gegen das Schulsystem, wenn diese schreien: „Ich war in der Schule und habe nix gelernt, doch heute habe ich ei’n Affen und ein Pferd.“ Ist man sich sicher, dass die Stimmung kaum noch angeheizter sein kann, belegt Casper mit Betreten der Bühne das Gegenteil.

Wo eben noch ein Vorhang mit übergroßem Stacheldraht hing, springt jetzt Casper umher und eröffnet sein Konzert in der ausverkauften Halle mit „Alles ist erleuchtet“. Wirkten schon der Stacheldraht in Kombination mit dem Titel der Tour, „Lang lebe der Tod“ sehr sakral, so verstärkt Caspers Auftritt diesen Eindruck, als er aus der Dunkelheit, von hinten angeschienen eine Rampe hinunter zur Bühne läuft. Später steht er auf einer Schwebebühne – thront über dem Publikum.

Casper ist ein Wandler zwischen den Genres. Sein aktuelles Album „Lang lebe der Tod“ Album offenbart seine Abkehr von einer Szene, in der eigentlich nie gepasst hat. Zu melancholisch, zu ehrlich, zu traurig sind seine Zeilen. Er ist ein Wandler zwischen Verschlossenheit und Offenheit, zwischen purer Energie und bedrückender Benommenheit. Casper changiert zwischen den Welten aus Pop, Hip-Hop und Rock.

Casper, der bürgerlich Benjamin Giffey heißt, wuchs als Sohn eines US-Soldaten und einer Deutschen in den USA in Georgia auf. Als er elf war, zog seine Mutter ihren beiden Kindern wieder zurück nach Deutschland. Die Schwierigkeiten eines vaterlosen Jungen in einem neuen Land vertont Casper in seinem ersten Solo-Album „Hin Zur Sonne“ später sehr eindringlich. Rap dient ihm nicht nur als Ausdruck seiner Gefühle, sondern auch als eine Brücke hin zur Fremdsprache Deutsch.

Und plötzlich rappt Marteria mit - ein Höhepunkt

Die beiden folgenden Platten, „XOXO“ und „Hinterland“ landen beide auf Platz eins der Albumcharts, gehen Gold und markieren kommerziell einen wegweisenden Höhepunkt für Deutschrap. Um ein Jahr verschoben ist Casper jetzt mit seinem neuen Album durch Deutschland getourt. Er sei noch nicht zufrieden mit den Songs, teilte der 35-Jährige im Herbst 2016 mit und verschob den Veröffentlichungstermin um ein Jahr: eine seltene, aber mutige Entscheidung.

Für zwei Tracks seines aktuellen Albums holt sich Casper an diesem Abend Gäste auf die Bühne. Da ist einmal Rapper Ahzumjot, der in rosaner Bomberjacke zu den Beats von „Lass sie gehen“ performt, und später, kurz vor Ende, kommt noch Max Gruber, besser bekannt als Drangsal, zu ihm auf die Bühne, um die melodischen Parts von „Keine Angst“ zu übernehmen. Einer der Höhepunkte des Abends wird durch einen weiteren Gast markiert. „Du lachst, du weinst, du strahlst, du scheinst. Du kratzt, du beißt, Fastenzeit vorbei. Und wie du brennst, wie du wächst, alles wird perfekt“ rappt Casper gemeinsam mit Marteria. Die beiden springen über die Bühne, schlagen ein.

Casper widerspricht an diesem Abend allen Hip-Hop-Klischees. Ganz ohne Frauen, fette Karren und großes Geld reißt er die Bühne der Max-Schmeling-Halle ab.
(Berliner Morgenpost)